Corona Impfpflicht durch Arbeitgeber zulässig?

Die Geschichte von der versuchten Corona Impfpflicht und einer durch Arbeitgeber erzwungenen COVID19-Impfung ist nicht ganz fiktiv, auch wenn sie gerade noch nicht auf einem unserer Schreibtische liegt.

Ist eine Corona Impfpflicht durch Arbeitgeber möglich?

Ein Zahnarzt beschäftigt in seiner Praxis mehrere Angestellte. Sie arbeiten abwechselnd am Empfang oder assistieren ihrem Chef bei der Behandlung. Neulich trat der Zahnarzt vor seine Mitarbeiter und verkündete eine Entscheidung, von der er sagte, dass sie ihm nicht leichtfällt: Sobald der Corona-Impfstoff verfügbar ist, mögen sich alle Mitarbeiter bitte schnellstens impfen lassen.

Natürlich könnte er dazu niemand zwingen, und er hätte selbst schon von möglichen Nebenwirkungen gehört. Deshalb würde er selbst natürlich mit gutem Beispiel vorangehen.

Wer sich von den Mitarbeitern aber nicht impfen lässt, würde unverzüglich von der Arbeit freigestellt, was im Klartext bedeutet, dass er nicht mehr in die Praxis kommen darf, bis er sich die Sache mit der Corona-Impfung anders überlegt hat. Bis dahin würde allerdings auch kein Gehalt mehr ausbezahlt. Jeder Mitarbeiter hätte es nun selbst in der Hand, wie es weitergeht.

Was bedeutet Freistellung?

Jeder Ar­beitnehmer hat ei­nen Rechtsan­spruch darauf, dass der Arbeitgeber seine Arbeits­leistung entgegennimmt. Er hat also das Recht, arbeiten zu dürfen. In ganz seltenen Fällen hat der Arbeitgeber das Recht, ihm dies zu verweigern, was in der Sprache des Arbeitsrechts einseitige Freistellung genannt wird.

Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber zusagt, das Gehalt weiterzubezahlen. Zulässig ist eine einseitige Freistellung in sechs denkbaren Fallkonstellationen, die hier der Vollständigkeit wegen aufgezählt werden, also

  • nach einer Kündigung, damit der Arbeitnehmer bis zum Beendigungszeitpunkt noch seinen restlichen Urlaub nimmt,
  • gerade gar keine Arbeit vorhanden ist, die man den Arbeitnehmer sinnvoll verrichten lassen kann,
  • bei technischen Störungen, die den gesamten Betriebsablauf lahmlegen,
  • das Vertrauensverhältnis zum Arbeitnehmer schwer gestört ist, etwa beim dringenden Verdacht, dass der Arbeitnehmer sich an der Kasse vergreift oder den Arbeitgeber bestiehlt,
  • der Arbeitgeber Grund für die Annahme hat, dass der Arbeitnehmer krank und deshalb arbeitsunfähig ist, obwohl sich der Arbeitnehmer selbst kerngesund fühlt, oder
  • wenn vom Arbeitnehmer eine Gefahr für andere Arbeitnehmer oder Dritte ausgeht, die üblicherweise im Betrieb aus- und eingehen, etwa wegen ansteckender Krankheiten.

Corona Impfpflicht – Freistellung wegen fehlender Corona-Impfung?

Von den beschriebenen sechs Fallgruppen könnten hier natürlich nur zwei einschlägig sein.

Der Zahnarzt kann einen Angestellten freistellen, von dem er meint, er sei krank und deshalb arbeitsunfähig. Dazu muss aber einiges Konkretes zusammenkommen, was sich auch objektivieren lassen muss, etwa eindeutige Schwächeanfälle oder eklatante Ausfallerscheinungen.

Wenn jemand nicht gegen Corona geimpft ist, ist ihm aber sicher weder das eine noch das andere anzumerken. Auf diese Fallgruppe wird sich der Zahnarzt gegenüber seinen Mitarbeitern nicht berufen können.

Die andere Fallkonstellation ist der Verdacht auf ansteckende Krankheiten, welche ihn als Arbeitgeber, die anderen Mitarbeiter oder die Patienten der Praxis in Gefahr bringen. Corona ist zweifellos eine ansteckende Krankheit, von der auch eine erhebliche Gefahr ausgeht. Allerdings müsste der Mitarbeiter auch entsprechende Symptome aufweisen, die eine akute Erkrankung und damit eine konkrete Ansteckungsgefahr wahrscheinlich sein lassen.

Die Corona-Impfung kann den einzelnen Mitarbeiter zwar davor bewahren, dass bei ihm Symptome eintreten, doch bedeutet das Fehlen eines Impfschutzes nicht mit der nötigen Zwangsläufigkeit, dass von ihm eine konkrete Infektionsgefahr ausgeht. Zudem wird allgemein befürchtet, dass auch Geimpfte das Corona-Virus übertragen können, wenngleich sie vor eigener Erkrankung sicher sind. Der dieser Fallgruppe zugrundeliegende Gesichtspunkt der Abwehr einer vorübergehenden Ansteckungsgefahr wird dem Zahnarzt gleichfalls nicht helfen.

Corona Impfpflicht – keine Freistellung von der Arbeit möglich!

Im Ergebnis ist der Zahnarzt nicht berechtigt, solche Angestellte freizustellen, die einer Corona-Impfung skeptisch gegenüberstehen.

Erzwungene Corona Impfpflicht durch Arbeitgeber – droht Gehaltsausfall?

Selbst wenn der Zahnarzt zur einseitigen Freistellung berechtigt wäre, bedeutet dies keineswegs, dass er zugleich das Arbeitsentgelt vorenthalten darf. Er verzichtet nur einseitig auf die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter, was diese umgekehrt aber keineswegs verpflichtet, auf ihren Teil des Leistungsaustauschs nach dem Arbeitsvertrag zu verzichten, nämlich ihr Gehalt. Das Arbeitsentgelt muss während einer einseitigen Freistellung selbstverständlich weiterbezahlt werden, egal auf welchen Grund sich der Arbeitgeber beruft.

Was bedeutet Hausrecht?

Jedermann kann sein Hausrecht geltend machen. Dies gilt für die Bewohner einer Etagenwohnung ebenso wie für die Betreiber von Warenhäusern und Zahnarztpraxen. Dazu gehört die freie Entscheidung, wer eingelassen wird und wer nicht. Deshalb kann der Zahnarzt auf den Gedanken kommen, sich gegenüber seinen impfunwilligen Angestellten auf das Hausrecht zu berufen.

Gegenüber Patienten vermag er dies in der Tat: Er kann an der Tür seiner Praxis ein Schild aufhängen, in dem er ausschließlich solchen Patienten den Eintritt gestattet, die ihm eine Bestätigung über eine bereits erfolgte Corona-Impfung vorlegen.

Gegenüber seinen Angestellten hat er sein Hausrecht jedoch mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages eingeschränkt: Zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung müssen und dürfen sie die Praxis betreten. Wird ihnen der Zutritt wegen fehlenden Impfschutzes unter Verweis auf das Hausrecht verweigert, wird ihnen zugleich ihr Beschäftigungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag verweigert.

Gerichtlicher Schutz bei Corona Impfpflicht durch Arbeitgeber?

Nicht nur nicht gezahltes Gehalt kann man vor dem Arbeitsgericht einklagen, sondern auch den Beschäftigungsanspruch, gleich, mit welcher Begründung er verweigert wird. Betroffene sollten sogar einstweiligen Rechtsschutz in Betracht ziehen.

Solche Fälle werden im Internet gerade ebenso kontrovers wie aufgeregt diskutiert. Manche Arbeitgeber scheinen in ihrer guten Absicht, zur Eindämmung des Corona-Virus beizutragen, über das Ziel hinauszuschießen, denn viele vermeintlich gute Ideen stehen im Widerspruch zu ganz allgemeinen rechtlichen Grundentscheidungen.

Fazit

Die subtile Einführung einer vielleicht verfassungswidrigen Impfpflicht über die Hintertür des Arbeitsrechts ist gewiss ein interessanter Gedanke, steht aber wie vieles Interessante in diesen Tagen nicht im Einklang mit der Rechtsordnung.

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Foto: stock.adobe.com

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