Kampf dem Lockdown!

1347 lebten auf dem europäischen Kontinent 75 Millionen Menschen. Sechs Jahre später, 1353, waren es nur noch 50 Millionen. Ein Drittel war bis dahin einer Pandemie erlegen, die von den Menschen der damaligen Zeit hilflos Schwarzer Tod genannt wurde. Es war die Pest, die von China aus nach Europa gekommen war.

Kein Lockdown trotz gefährlicher Pandemien in der Vergangenheit

Pandemien gab es immer. An einige von ihnen waren die Europäer über Jahrhunderte hinweg sogar so sehr gewöhnt, dass sie über diese Krankheiten im Alltag kein Wort mehr verloren. Dies änderte nichts daran, dass auch sie sehr gefährlich waren.

Ein Beispiel dafür ist die Tuberkulose. Auf diese im Volksmund als Schwindsucht bekannte Krankheit war noch über das 19. Jahrhundert hinweg jeder siebte Todesfall in Deutschland zurückzuführen, in Frankreich sogar noch 1918 jeder sechste.

Spanische Grippe bis zu 500 Millionen Infizierte

1917 kamen amerikanische Soldaten nach Europa, um an der Endphase des ersten Weltkriegs teilzunehmen. Neben frischem Schwung für die Kriegsführung brachten sie den Influenzavirus A/H1N1 mit. Die Krankheit, die es auslöste, wurde aufgrund eines Missverständnisses Spanische Grippe genannt. Bis 1920 infizierten sich weltweit 500 Millionen Menschen an dem Virus, von denen 20 bis 50 Millionen starben. Das Eigenartige an der Spanischen Grippe war, dass sie vor allem in der Altersgruppe der zwanzig- bis vierzigjährigen Menschen tödlich verlief. Heute noch spricht man von ihr als der Mutter aller Pandemien.

COVID-19 bekämpfen mit (mehreren) Lockdown(s)?

Pandemien gibt es jedes Jahr mindestens eine: Sie heißt Grippe. In gebildeten Kreisen zieht man die Bezeichnung Influenza vor, um nicht in den Verdacht zu geraten, man verwechsle diese gefährliche Krankheit mit einer harmlosen Erkältung, für die im volkstümlichen Sprachgebrauch das Wort Grippe gleichfalls herhalten muss.

Das Grippe-Virus kommt jedes Jahr verändert daher, um den Virologen die Mühe zu machen, immer einen etwas anderen Impfstoff entwickeln zu müssen, doch ist dies bislang recht gut gelungen. An Grippe sterben in Deutschland übrigens Jahr für Jahr zwischen 5.000 und 10.000 Menschen. In der Grippewelle 2013/2014 waren es sogar 20.000 Tote, worüber sich die Mediziner ein Jahr später im Ärzteblatt den Kopf zerbrachen.

Man braucht kein Arzt, Virologe oder Epidemiologe zu sein, um aus diesen Beobachtungen den Schluss zu ziehen, dass es bei Pandemien auf zweierlei ankommt:

  • Ist die Krankheit objektiv gefährlich? Dies drückt sich ausschließlich in den Toten aus, die sie in einem einigermaßen repräsentativen Zeitraum hervorruft.
  • Ist sie – wie die Pest – durchweg für alle und jeden gefährlich, oder –  wie die Spanische Grippe – nur für eine bestimmte Altersgruppe?

Mit derart nüchternen Fragen geht man an COVID-19 nicht heran. Vielleicht möchte man dies auch gar nicht.

Rückgang der Sterbefälle trotz Pandemie?

In den ersten beiden Monaten – 21. März bis 21. Mai 2020 – starben mit COVID-19 8.129 Menschen. Bis zum 30. Oktober 2020 erhöhte sich diese Zahl auf 10.359. So steht es auf www.de.statista.de. Obwohl die Lockdown-Maßnahmen ab dem 4. Mai (6.866 Tote) weitgehend aufgehoben wurden, und man eigentlich nur noch in der S-Bahn, beim Einkauf und beim Friseur eine Maske tragen musste, flachte die Kurve der Todesfälle wesentlich ab.

Erreicht hat sie bislang nur die Zahl der üblichen Grippewelle. Im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren ist die Gesamtzahl der Sterbefälle in Deutschland sogar zurückgegangen, zumindest nicht gestiegen (vgl. www.destatis.de/Sterbefaelle-Lebenserwartung/sonderauswertung-sterbefaelle). Wenn nur 1,2 Prozent aller Sterbefälle irgendwie mit COVID-19 in Berührung gekommen sind, scheint der Erreger hiernach nicht besonders gefährlich zu sein, jedenfalls wesentlich weniger gefährlich als Tuberkulose. Grippe-Tote gab es 2020 übrigens bislang so gut wie keine.

Statistische Besonderheit bei Corona-Toten

Die Corona-Toten weisen eine statistische Besonderheit auf: Die Altersgruppen zwischen 0 und 39 Jahren steuerten bis zum 27. Oktober 2020 insgesamt 46 Sterbefälle bei. Diesen geringen Beitrag überbietet sogar die Altersgruppe der statistisch raren Menschen, die 100 Jahre alt oder älter sind, mit Leichtigkeit: 55 Tote. Mit 4.451 Sterbefällen führt die Altersgruppe der 80- bis 89-jährigen, gefolgt den 70- bis 79-jährigen mit 2.263 und den 90- bis 99-jährigen mit 1.843 Toten.

Dieser abgeschlagene dritte Platz erklärt sich natürlich nicht damit, dass die 90- bis 99-jährigen gesundheitlich robuster wären als die 70- bis 79-jährigen, sondern dadurch, dass es erheblich weniger 90-jährige als 70-jährige gibt. Wer es genau wissen möchte, kann dies auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes nachlesen.

Die Pharmazeutische Zeitung berichtete am 22. April 2020, alle in Hamburg pathologisch untersuchten Corona-Toten hätten an Vorerkrankungen gelitten, an denen sie alsbald sowieso gestorben wären (www.pharmazeutische-zeitung.de/alle-corona-toten-hatten-vorerkrankungen). Ähnlich berichtete fünf Tage später die Morgenpost (www.morgenpost.de/vermischtes/article228994571/Rechtsmediziner-Alle-Corona-Toten-hatten-Vorerkrankungen). Dies löste im Land der Dichter und Denker jedoch nicht Forscherdrang, sondern Empörung darüber aus, wie man nur die bösartige Behauptung aufstellen könnte, dass man nur mit Corona und nicht an Corona stirbt.

„Fallzahl“ politische & mediale Begründung für Lockdown

Politisch und medial wird eine ganz andere Zahl in den Mittelpunkt des Interesses gestellt, nämlich wie viele Menschen positiv auf das Corona-Virus getestet wurden. Aktuell sind es 498.354. Diese Zahl wird Fallzahl genannt. Sie erhöht sich logischerweise jeden Tag, weil immer mehr Menschen auf das Corona-Virus getestet werden, freiwillig oder unfreiwillig.

Die Anzahl der hinzugekommenen Fälle wird täglich als Zahl der Neuinfektionen verkündet. Dies klingt, als ob sich jeden Tag mehrere tausend Menschen fiebernd und röchelnd ins Bett legen müssten. So ist es aber nicht:

  • Bis zum 29. Oktober 2020 wurden in Deutschland rund 21,9 Millionen Corona-Tests durchgeführt.
  • Dass nur 2,3 Prozent positiv ausfallen, beachtliche 97,7 Prozent hingegen negativ, fällt in der dramatisierenden Berichterstattung unter den Tisch.

Die mündigen Bürgerinnen und Bürger sollen schließlich nicht übermütig werden, sondern gefälligst Angst verspüren.

Fehlerquote bei PCR-Test

Dass 2,3 Prozent sehr dicht an der sogar vom SPIEGEL eingeräumten Fehlerquote von 1,4 bis 2,2 Prozent liegen (Holger Dambeck, Die Mär vom unzuverlässigen PCR-Test, am 12. September 2020 auf www.spon.de), soll hier nicht zu Spekulationen verleiten, wenngleich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Tests womöglich danebenliegen.

Positives Testergebnis sagt nichts über Ansteckung aus

Der einzige mir jemals persönlich bekannt gewordene Infizierte ist übrigens der Stiefvater von Ashley, die in die Klasse meines Sohnes geht. Er bemerkte an sich nicht das geringste Anzeichen einer Krankheit, obwohl wegen seines positiven Testergebnisses die ganze Schule eine Woche lang dichtmachte.

Selbst wenn der Test richtig war, wovon ich sogar ausgehe, passt dies, denn je jünger der oder die Infizierte ist, desto weniger Symptome treten auf, meist sogar gar keine: Ashleys Stiefvater schätze ich auf vierzig. Mit anderen Worten: Die von der Fallzahl erfassten Fälle sind statistische Größen, aber zuallermeist keine Krankheitsfälle, bei denen jemand leidet oder gar stirbt.

Der Begriff „Fallzahl“ ist irreführend

Ein positives Testergebnis sagt auch nicht das Geringste darüber aus, ob der oder die positiv Getestete konkret ansteckend ist oder nicht. Das steht sogar ausdrücklich auf dem Beipackzettel des Tests. Dort steht auch, dass das Testergebnis nichts darüber aussagt, wie lang die Infektion zurückliegt, also ob man sich noch in der Inkubationszeit befindet oder die Krankheit schon geraume Zeit hinter sich hat. Bei allen diesen Gesichtspunkten von einer Fallzahl zu sprechen, ist irreführend.

Den Lockdown im April mag man der Regierung verzeihen. Damals war das Virus erst ein paar Wochen im Land, ihm eilten schreckliche Gerüchte und Bilder voraus, und man konnte in diesen Tagen noch nicht wissen, wie schlimm oder harmlos die Sache würde. Jetzt, Ende Oktober, sieht es aber anders aus: Es ist bekannt, wer die Gefährdeten sind (Menschen deutlich über 70), und es ist bekannt, wie viele Menschenleben das Virus in zehn Monaten forderte (ungefähr so viele wie die übliche Grippewelle).

Lockdown – Freiheit ist wichtigstes Rechtsgut

Seit 1347 haben sich sowohl die Organisation, die Aufgabe und mit beidem auch das Selbstverständnis des Staates grundlegend verändert. Den Impuls dazu gab übrigens die damalige Pandemie, die das Weltbild und Menschenbild der mittelalterlichen Gesellschaft irreparabel erschütterte. Rechtsgüter wurden definiert, und als das wichtigste Rechtsgut wurde die Freiheit ausgemacht.

Die persönliche Freiheit des einzelnen Menschen macht den Kern dessen aus, was man Menschenwürde nennt. Der Mensch muss gehen dürfen, wohin er will, er muss denken, glauben, schreiben, sagen, lehren, forschen und veröffentlichen dürfen, was er will, er muss den Beruf ausüben dürfen, den er will, er muss heiraten dürfen, wen er will, er muss Geschäfte und Verträge abschließen, sich treffen, Vereinigungen bilden und sich friedlich versammeln dürfen, mit wem er will, er muss mit seinem Eigentum verfahren dürfen, wie er will, er muss sich kleiden dürfen, wie er will, und ihm allein ist es überlassen, wen er in seine Wohnung und seine Gespräche mithören lässt und wen nicht.

Das ist eine saloppe Zusammenfassung des Katalogs der Grundrechte, die der Staat nur begrenzen darf, wenn der Mensch in dieselben Rechte anderer Menschen eindringt.

Deshalb wird die Rechts- und Gesellschaftsordnung, die das Grundgesetz verlangt, als freiheitlich-demokratische Grundordnung bezeichnet, freiheitlich steht an erster Stelle, wie in Frankreich die Liberté.

Der Lockdown ist Eingriff in die Freiheit aller Menschen

Dass ein Lockdown in diese über Jahrhunderte hinweg errungenen Freiheiten des Einzelnen eingreift, ist so offensichtlich, dass dies hier nicht haarklein vorgerechnet werden muss. Wenn Staat und Regierung in diese Freiheitsrechte eingreifen, müssen ihnen sehr triftige Gründe zur Seite stehen. Vor allem dürfen sie keine milderen Mittel außer Acht lassen, die genauso zum Erfolg führen können, aber weniger stark in die Freiheitsrechte aller eingreifen.

Nachdem es offensichtlich wurde, dass Covid-19 vor allem für alte Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen gefährlich sein kann, sind Maßnahmen zu ergreifen, die unmittelbar diese Gruppen vor riskanten Kontakten schützen. In die Freiheit aller Menschen einzugreifen, auch der vor Krankheitssymptomen offenbar gefeiten 0- bis 40-jährigen, bloß, weil einem in dieser Hinsicht nichts einfällt, ist aber kein angemessenes, differenziertes und verhältnismäßiges Vorgehen.

Zusammenbruch Gesundheitssystem als Begründung für Lockdown

Alles wird immerzu gerechtfertigt, das Gesundheitssystem stünde kurz vor dem Zusammenbruch, und dies müsste unter allen Umständen vermieden werden.

Am 30. Oktober 2020 wurden deutschlandweit 1.839 Menschen auf Intensivstationen wegen COVID-19 behandelt und davon 919 künstlich beatmet. Im Vergleich zum Vortag wurden 389 Menschen neu aufgenommen.

An 20.746 Corona-Patienten wurde bislang über das Jahr hinweg eine intensivmedizinische Behandlung durchgeführt. Davon endeten 4.662 mit dem Tod (alle Zahlen nach www.de.statista.com).

In Deutschlands Krankenhäusern gibt es rund 29.000 Intensivplätze. Davon sind aktuell einschließlich der 1.839 Corona-Fälle 21.736 belegt. Etwa 12.500 weitere Intensivbetten stehen in Reserve.

Nach einem Jahr Corona und einer Menge wegen des Lockdown bereitgestellter Fördermittel, von denen nur der kleinste Teil abgerufen wurde (eine Milliarde von zwanzig Milliarden), ist das mildere und zugleich bezahlbare Mittel, im unerwarteten Fall des Falles den Bestand an Intensivbetten aufzustocken.

Selbst wenn jeden Tag 400 neue Intensivpatienten dazukommen und vierzehn Tage im Krankenhaus bleiben müssten, würde dies insgesamt 5.600 Betten in Beschlag nehmen, gegenüber den derzeit bereits ausgelasteten Intensivbetten rund 3.800 weitere. Von einer Vollauslastung oder gar einem Zusammenbruch kann nicht die Rede sein, zumal, wie die obigen Zahlen ergeben, nur 8,46 Prozent der belegten Intensivplätze auf COVID-19 Patienten entfallen.

Corona und Lockdown weltweites Problem?

Man kann natürlich einwenden, Corona und ein Lockdown sei ein weltweites Problem, das alle Regierungen doch ungefähr gleich angehen. Diese Argumentation entstammt der biegsamen Logik der Opportunisten:

  • Wenn’s alle machen, muss es richtig sein. Erstens stimmt es nicht: Ein Blick nach Schweden zeigt, dass dort das Leben weitergeht, ohne dass dies zu einem Massensterben geführt hätte.
  • Zweitens haben alle Regierungen der Welt immerzu und überall dasselbe Interesse: Die Weltgeschichte ist die Geschichte eines Kampfes zwischen Bürgern und Regierungen, bei dem unentwegt um die Freiheitsrechte der Bürger gezerrt und gerungen wird.

Freiheitsrechte beschneiden nämlich die Befugnisse der Regierenden, denen deshalb daran liegt, ihre Macht auf Kosten der Freiheitsrechte auszudehnen. Das bewährteste Mittel der Regierenden ist Angst. Ihren Bürgern wollen sie Angst einjagen, um sie zu bewegen, ihre Freiheitsrechte aus Einsicht in eine angebliche Bedrohung freiwillig aufzugeben.

Wir sind im Krieg!

Zitat: Präsident Macron, Fernsehansprache an die Nation am 17. März 2020

Der französische Präsident Macron wandte sich wegen Corona am 17. März 2020 sogar in einer Fernsehansprache an die Nation und behauptete allen Ernstes: „Wir sind im Krieg!“ Es klang nach 1792: „Das Vaterland ist in Gefahr!“

Zu solchem Pathos sind Pastorentöchter aus der Uckermark natürlich ebenso wenig fähig wie Bankangestellte aus dem Münsterland. Zu ihnen passt besser: „Unser Gesundheitssystem ist in Gefahr!“ Dann zählen sie einem Krankenhausbetten vor, weil sie es sich nicht vorstellen können, dass die Bürgerinnen und Bürger imstande sind, die Kapazitäten an Intensivbetten mit einem einfachen Taschenrechner zusammenzuzählen.

Das Schicksal der Völker hing in jedem Abschnitt der Weltgeschichte davon ab, ob die Bürgerinnen und Bürger alles glauben, was die Regierenden ihnen erzählen, oder ob sich Kritik und Zweifel durchsetzen.

Lockdown künftig auch bei zukünftigen Grippewellen?

Alles in allem lässt sich sagen: Wenn COVID-19 einen Lockdown rechtfertigt, wird es in Zukunft genauso gerechtfertigt sein, jeder winterlichen Grippewelle einen Wellenbrecher entgegenzusetzen.

Nach Artikel 3 des Grundgesetzes dürfen schließlich gleiche Sachverhalte rechtlich gleichbehandelt werden. Dies bedeutet: Das eine wird das Nächste rechtfertigen, und so immer weiter, bis die immerzu einsichtigen Bürgerinnen und Bürger die freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen einen autoritären Überwachungsstaat eingetauscht haben.

Solche Entwicklungen werden meist erst im Nachhinein klar. Dies darf nicht sein. Kritik und Zweifel können sich in einem Rechtsstaat auch außerhalb des Parlaments Gehör verschaffen. Man braucht dazu nicht einmal demonstrieren zu gehen.

Es genügt – und ist zudem effizienter – ein Gericht anzurufen. Eine Demonstration kann man mit Schlagstöcken auflösen, einen Prozess nicht. Prozesse sind unser Beruf. Es ist unsere Bestimmung, uns immerzu mit jemand anzulegen und die Gegenmeinung zu vertreten. Wie wir selbst über die Sache denken, wird klargeworden sein.

Im Gegensatz zu Herrn Macron meinen wir es ernst: La Patrie en danger!

Foto: stock.adobe.com

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert